Samstag, 24. Dezember 2016

Im Herzen des Dagobert Duck

Dagobert Ducks erster Auftritt in der Geschichte „Die Mutprobe“ von Carl Barks.


Mein erster, etwas kürzerer Blogeintrag soll die wohl vielseitigste Figur des Anaversums (Donald-Duck-Universums) behandeln – Dagobert Duck!

Jeder, der Dagobert Duck kennt, denkt gleichzeitig auch an das Schlechte, das Geizige, das Missgünstige, aber auch das Einsame – Dagobert Duck verkörpert all dies sehr deutlich. Doch – stimmt das überhaupt? Ist Dagobert wirklich schlecht? Hat er nicht auch seine guten Seiten? Schließlich hat er all sein Geld ehrlich verdient! Und er gibt seinem Neffen Donald Duck sogar 30 Kreuzer pro Stunde für das Polieren seiner Münzen! Nehmen wir Dagoberts Charakter genauer unter die Lupe: Auch wenn jeder Autor die Persönlichkeit Dagoberts für sich ein klein wenig verändern darf, ähnlich bleibt sie immer.

Gemein ist Dagobert wirklich. Er schlägt und tritt oft seinen Neffen Donald, ist geizig und kein bisschen hilfsbereit. Doch warum ist er so widerlich? Holen wir uns nun doch einmal wieder den Egmont-Comic-Collektion-Band „Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden“, die Biographie Dagoberts von Don Rosa, hervor und blättern durch das 1. Kapitel. Da sieht man den kleinen Jungen Dagobert voller Lebensfreude, der vergnügt Schuhe putzt. Man merkt dort, dass der Kapitalist nicht immer so griesgrämig war. Blättern wir weiter in unserer Lektüre. Ah, dort, im 11. Kapitel des schönen Bandes, als Dagobert schon reich und erwachsen ist, sagt er zu seiner Schwester Dortel, die meinte, dass sein Charakter unerträglich sei: „Wer der reichste Mann der Welt werden will, muss hart sein wie Stein!“ Ist es also das Geld, das Dagobert so bitter macht? Das kann gut sein, denn das Vorbild Dagobert Ducks, Ebenezer Scooge, wurde ja ebenfalls wegen des vielen Geldes so garstig. „Halt! Stopp!“, schreit jetzt sicherlich der erfahrene Disney-Comic-Leser. „Dank des Geldes hat Dagobert sogar mehr Freude – denn er kann in ,sein Geld hineinspringen und wie ein Maulwurf darin herumwühlen und es in die Luft schmeißen, sodass ihm die Talerchen auf den Kopf prasseln!“ Ja, da hast Du recht, lieber Disney-Comic-Leser! Dagobert sagt das sehr oft. Doch woran liegt es dann, dass Dagobert so grantig ist? Könnte es sein, dass die Art, wie er sein Geld verdient hat, ihn so mürrisch macht? Vielleicht schon. Im 8. Kapitel von Don Rosas schöner Biographie zum Beispiel muss der nach Gold suchende Dagobert in der schrecklichsten Kälte, die man sich vorstellen kann, die sogar Feuer erfrieren lässt, leben. Ernähren konnte er sich nur von Bohnen und Sauerteigbrot, wie sich in Kapitel 8b nachlesen lässt; außerdem schläft er auf einem Bett ohne Matratze und muss sich gegen Wölfe und Bären verteidigen. Das härtet einen natürlich ab. Daher verwandelt sich wohl der einmal fröhliche Dagobert in einen mürrischen Griesgram.
Eine andere Erklärung könnte sein, dass Dagobert das Geldverteidigen abstumpfen lies. Er muss gegen Panzerknacker, Moneysacs, Gaukeleys, Steuereintreiber, Bittsteller und Bedürftige kämpfen, die nicht aufgeben wollen. So kann man natürlich gerissen und gefühlskalt werden.
Ich hätte allerdings auch noch ein dritte Theorie: Dagobert könnte auch durch das Verlangen „der reichste Mann der Welt“ zu sein – und zu bleiben, abstumpfen und herzlos geworden sein. Schließlich bekommt Donald zum Beispiel immer einen Tritt in den Bürzel, wenn er bei seinem Onkel um Geld bittet.

Doch ist die Freude und die gute Seite in Dagoberts Herz komplett verschwunden? Nein! Schließlich badet Dagobert – wie oben schon erwähnt – ziemlich oft in seinem Geld, woran er allerhand Freude hat, auch wenn Grobian Gans das als sexuelle Perversion einschätzt. Außer seiner Freude am Geld hat Dagobert auch noch andere positive Seiten – Liebe zu anderen Menschen … oder Enten zum Beispiel. Nelly, der Stern des Nordens, eine der besten Figuren, die es im Anaversum gibt, ist die große Liebe Dagoberts. In Kapitel 8b von „Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden“ wird angedeutet, dass die Locke von Nelly, die Onkel Dagobert hat, das Wertvollste ist, das er besitzt. Noch wertvoller als sein 40 Meter hoher, mit Geld gefüllter Geldspeicher, wertvoller als das Straußeneinugget, das aus purem Gold besteht und eine Erinnerung an seine Zeit als Goldgräber am Yukon ist; wertvoller als seine Nummer eins, dem Glückszehner, der der Ansporn für all die anderen Milliarden Taler war und eine Erinnerung an seine alte Heimat Schottland ist. Wertvoller als die Duckenburgh, der Stammsitz der Ducks und die Burg, die Dagobert mit seinen Vorfahren verbindet. Nelly scheint ihm also ziemlich wichtig zu sein. Leider hat er es nie wirklich geschafft, ihr seine Liebe zu gestehen. In „Wiedersehen mit Klondike“ von Carl Barks merkt man besonders, dass Dagobert Nelly unglaublich bedeutsam ist. Am Ende der Geschichtete hat er Nelly alle Schulden, die sie bei ihm gehabt hat, erlassen und sie sogar zu noch mehr Geld gebracht, doch er meint, dass dies ein Versehen sei. Seine Neffen allerdings merken, dass das nicht stimmt, Dagobert es aber nicht zugeben möchte.
Es gibt auch andere Geschichten, die so ähnlich enden. „Ein Brief von Daheim“ von Don Rosa zum Beispiel. Dort geht es zwar nicht um Nelly, aber um Mathilda, Dagoberts Schwester, mit der er sich am Schluss wieder versöhnt.



Dagobert, der sich wieder mit seiner Schwester versöhnt hat, schwelgt in Erinnerungen.

Ein weiteres Beispiel ist die von Romano Scarpa erfundene Figur Gitta Gans, die in Dagobert Hals über Schnabel verliebt ist. Dagobert benimmt sich ihr gegenüber zwar angewidert und genervt, aber irgendwie scheint er sie auch zu mögen und eine gewisse Zuneigung zu ihr zu zeigen. Auch, wenn er es selber nicht so mitbekommt.

Betrachtet man den komplizierten Charakter der von mir nun in einigen Zeilen vorgestellten Figur genauer, so wie wir dies nun taten, dann merkt man, dass Dagobert Duck nicht wirklich böse ist, aber sich auch nicht immer von der sympathischsten Seite zeigt.
Ich würde sagen …

Dagobert Duck hat ein ziemlich harte Schale, aber einen weichen Kern.

Hier habe ich die besten Geschichten ausgewählt, die zu dem Thema, zu dem ich diesen Eintrag geschrieben habe, gut passen.


Wiedersehen mit Klondike
Back to the Klondyke
Autor & Zeichner: Carl Barks
W OS 456-02 – Deutsche Erstveröffentlichung: Micky Maus 52/1959 Micky Maus 02/1960
Onkel Dagobert hat Sehnsucht nach dem Klondike und seiner großen Liebe Nelly, zu der er sich auch begibt.
Die, laut Inducks, beste Geschichte überhaupt, zeigt Dagoberts Charakter so menschlich wie nie zuvor! Wer die Chance hat, diese Geschichte zu lesen, der sollte dies tun!


Der arme reiche Mann
Only A Poor Old Man
Autor & Zeichner: Carl Barks
W OS 386-02 – Deutsche Erstveröffentlichung: Micky Maus Sonderheft 10
Onkel Dagobert wird von den Panzerknackern bestohlen, und muss sein Geld wieder zurückbekommen … wofür er viele Methoden aus seiner Jugend anwenden muss.
Hier merkt man das erste mal, dass Dagobert mit seinem Geld gleichzeitig auch Erinnerungen an seine Jugend verbindet. Außerdem gibt es einige gefühlsvolle Szenen.


Ein Brief von Daheim
A Letter from Home
Autor & Zeichner: Don Rosa
D 2003-081 – Deutsche Erstveröffentlichung: Micky Maus-Magazin 17/2004Micky Maus-Magazin 19/2004
Onkel Dagobert fährt zu seinem Schloss Duckenburgh, um einen Schatz zu bergen. Dort trifft er aber auf seine, mit ihm zerstrittene, Schwester...
Diese Geschichte ist Emotion pur! Am Ende zeigt Dagobert sich enorm einfühlsam und sogar recht liebevoll. Zu Tränen rührend!



Der Einsiedler der Villa Duck
The Recluse of McDuck Manor
Autor & Zeichner: Don Rosa
D 93488 – Deutsche Erstveröffentlichung: Onkel Dagobert von Don Rosa 6
Onkel Dagobert lernt im letzten Kapitel von „Onkel Dagobert – Sein Leben, seine Milliarden“ seine Neffen kennen.
Hier wird gezeigt, wie aus dem mürrischen Onkel, ein sympathischerer wurde, der wieder Freude am Leben zeigt.



Ein Weihnachtsmärchen
Ein Weihnachtsmärchen
G/DSA 3 – Deutsche Erstveröffentlichung: Disney-Sonderalbum Nr. 3 – Weihnachtsgeschichten mit Onkel Dagobert
Herr Scrooge (Onkel Dagobert) ist ein einsamer Geizhals. Doch eines Nachts kommen drei Geister, die versuchen, Scrooge vom Guten zu besinnen.
Diese Geschichte ist eine Anspielung an an Charles Dickens „A Christmas Carol“, von dessen Hauptfigur Ebenezer Scrooge Onkel Dagobert bereits schon abgeleitet wird. Auf jedem Fall muss man diese Geschichte lesen, wenn man dazu kommt – atemberaubend emotional!



Warmherzige Weihnacht
The Orphan's Christmas
Autor: Tormod Løkling, Zeichner: Arild Midthun
D 2013-026 – Deutsche Erstveröffentlichung: Lustiges Taschenbuch Sonderband – Advent # 1
Donald ärgert sich am heiligen Abend, dass Dagobert sich so egozentrisch benimmt und fragt sich, ob er jemals jemanden an Weihnachten glücklich gemacht habe. Dann fängt Onkel Dagobert an, eine lange Geschichte aus seiner Kindheit zu erzählen, die in Schottland spielt…
Auch diese Geschichte rührt einen emotional enorm … so wie in den anderen Geschichten zeigt diese, dass Onkel Dagobert nicht nur immer etwas tut, um einen eigenen Vorteil zu erzielen…

6 Kommentare:

  1. Eigentlich ein sehr schöner Blogeintrag, nur redest du die ganze Zeit vom griesgrämigen Dagobert und gibst als Beleg Don Rosa an, obwohl dieser einen anderen Dagobert erschaffen wollte.

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    1. Dass Don Rosas Comics in dem Blogeintrag so oft Belege für meine Aussagen sind, liegt wohl daran, weil ich mich an ihm und Carl Barks orientiere. Dass Onkel Dagobert allerdings bei Don Rosa kein Geizkragen und Fiesling sein soll, versteh ich nicht – klar, es wird am Ende der Comics immer sein „weicher Kern“ gezeigt, aber ich meine, er behandelt Donald Duck und all die anderen nicht besser als bei Barks. Was meinst du damit?

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    2. Du hättest vielleicht schreiben sollen, dass Don Rosa keinen Griesgram zeigen wollte. Er sagte einmal in einem Interview: "Ich kann es nicht ertragen, Geschichten zu schreiben über einen Typen, der ewig gierig ist."

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    3. Das stimmt, Don Rosa zeigt in fast jeder Geschichte, dass Dagobert eigentlich ein guter Mensch ist.

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  2. Ich fand den Blogeintrag eigentlich auch ganz gut. Wann kommen neue Einträge von dir?

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    1. Danke für das Lob!
      Es dauert immer, bis ich einen Eintrag verfasst habe; deshalb muss man meistens ziemlich lange warten ... Aber seit ein paar Tagen gibt es ja nun das Interview mit Fabian Erlinghäuser! ;)

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